von Prof. Gottfried Rehm
In eine eigenartige Situation wurden die fuldischen Ritter, darunter die Ebersberger, in den Jahren 1516/17 verwickelt, die sogenannte "Hersfelder Affäre". Die Vorgeschichte dazu begann 1513, als die Abtei Hersfeld mit Fulda vereinigt wurde.
Der Hersfelder Abt Volpert von Riedesel hatte 1513 (wegen eines verlorenen Prozesses gegen die Stadt Hersfeld) sein Kloster in riesige Schulden gestürzt. Deshalb trat er zurück und übertrug seine Abtei dem Fuldaer Fürstabt Hartmann von Kirchberg, und Kaiser und Papst bestätigten diese Einverleibung. Abt Volpert und die Hersfelder Pröpste wurden durch Fuldaer Propsteien entschädigt. Der Landgraf von Hessen(-Kassel), der selbst die Besitzergreifung Hersfelds anstrebte, wollte aber diese "Inkorporation" Hersfelds durch Fulda nicht zulassen, da er Vogteirechte (Gerichtsrechte) über Hersfeld besaß. Er war aber machtlos, da er noch minderjährig war, und seine beiden Vormünder, der Kurfürst von Sachsen(-Wittenberg) und der Herzog von Sachsen(-Dresden) wollten ihm nicht helfen, da ihnen einen Machtzuwachs Hessens nicht passte.
Jedoch gelang es 1514 der hessischen Landgräfin Anna, der Mutter des jungen Landgrafen, die Vormundschaft über ihren Sohn und die Macht in Kassel an sich zu ziehen. Sie unternahm sofort Gegenschritte, um Hersfeld selbst in die Hand zu bekommen. Sie erhielt dabei Unterstützung durch Georg von Bischofferode, der gegen Fulda militärisch vorging. Bei der damaligen Kriegführung vermieden die Strategen offene Feldschlachten und versuchten, den Gegner durch Raub und Verwüstung seines Landes zu schädigen. Der Krieg wurde also auf dem Rücken der leibeigenen Bauern ausgetragen, die bis aufs Blut ausgeplündert wurden, damit sie ihrem Herrn keine Abgaben und Dienste mehr leisten konnten. Die Landgräfin griff allerdings nicht selbst Fulda an, um nicht der Widersetzlichkeit gegen Kaiser und Papst beschuldigt zu werden.
Der Fuldaer Abt Hartmann kam nun durch die Verwüstung seines Gebietes bald ins Hintertreffen, was er aber nicht einsehen wollte. Die Fuldaer Stiftskapitulare, die anfangs die Fuldaer Inkorporation Hersfelds begrüßt hatten, erkannten jedoch bald, dass Fuldas Stellung nicht zu halten war. Zwischen dem Fuldaer Abt und seinem Kapitel kam es 1516 zum endgültigen Bruch, als der Abt zur Finanzierung seiner Kriegführung eine festgelegte Geldsumme des Klosters antastete. Als die Stiftsherren vom Abt darüber Rechenschaft verlangten, entzog er sich durch die Flucht. Um sich abzusichern, versuchte Abt Hartmann nun, mit der Landgräfin Frieden zu schließen. Er lieferte ihr deshalb 1517 die päpstliche Inkorporationsurkunde aus und verzichtete auf die Hersfelder Abtei.
Die Fuldaer Stiftsherren dachten jedoch nicht daran, Hartmann wieder als Abt anzunehmen. Um dem Fuldaer Land aber den nötigen Schutz zu bieten, schlossen sie ein Bündnis mit den Fuldaer Rittern und ihrem mächtigen Nachbarn, dem Grafen Wilhelm von Henneberg, dem sie vertraglich zusicherten, seinen Sohn Johann als Nachfolger Hartmanns zum Fuldaer Abt zu wählen. Weil Johann damals erst 13 Jahre alt war, übernahmen zwei Fuldaer Stiftsherren inzwischen die Regierungsgeschäfte.
Da immer noch Spannungen mit Hessen bestanden, suchte Johann von Henneberg die Unterstützung durch die fuldischen Ritter. So schrieb er am 1. November 1517 u.a. an Philipp, Balthasar und Eitel von Ebersberg, es sollten sich acht Ebersberger "Reisige" (Reiter) am Montag nach Trinitatis in Fulda einfinden, auch sollten sich auch "etliche menner" zur Verfügung stellen, was sie auch taten. In Kämpfe wurden sie aber nicht verwickelt.
Der Fuldaer Abt Hartmann sah bald ein, dass er ausgespielt hatte, und zog sich nach Mainz zurück, wo er 1529 starb. Johann von Henneberg wurde daraufhin wie verabredete zum Abt von Fulda gewählt. (Quelle u.a.: Josef Leinweber: "Das Hochstift Fulda vor der Reformation".)
© 1997 G. Rehm
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Autors Prof. Gottfried Rehm. Alle Rechte beim Autor.