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Musikleben in Fulda im 18. und 19. Jahrhundert

Eine Rückblick von Prof. Gottfried Rehm, Fulda

Im 8. und 9. Jahrhundert war das Kloster Fulda einer der kulturellen Mittelpunkte Europas, in dem auch die Musik einen Schwerpunkt hatte. Später hat Fulda allerdings diese Bedeutung wieder verloren. Zwar stammt der 1445 geborene Musiktheoretiker und Komponist Adam von Fulda von hier; er hat aber in Wittenberg gelebt und gewirkt und hatte für die Musikgeschichte Fuldas keine Bedeutung.

Die Hofmusik vor 1737

Die Musik erreichte in Fulda wieder eine Blütezeit im 18. Jahrhundert am fürstlichen Hof zu Fulda. Die Fuldaer Äbte und Bischöfe waren (als Fürstäbte und Fürstbischöfe) zugleich auch weltliche Herrscher. Es bestand hier für Feste, Feiern und Konzerte, zur Unterhaltung und als Tafelmusik eine Kammermusikgruppe, als deren Leiter ein Cembalospieler mit dem Titel Konzertmeister angestellt war. Seit 1671 war dies Philipp Jakob Baudrexel, der 1627 in Füssen geboren war. Der Fuldaer Fürstabt Kardinal Bernhard Gustav Markgraf von Baden-Durlach hatte ihn als Konzertmeister und Hofkaplan nach Fulda geholt. Baudrexel hat zahlreiche Messen, Motetten, Psalmen, deutsche Lieder und Singspiele komponiert.

Neben dem Hoforchester bestand damals auch ein eigenes Domorchester unter Leitung eines Rector Chori. Nach dem Neubau des Fuldaer Domes 1712 wurde bei festlichen Gottesdiensten gelegentlich auch die Hofkapelle zur Verstärkung des Domorchesters eingesetzt. Das Domorchester selbst hatte allerdings - im Gegensatz zum Hoforchester - keinen sehr guten Ruf, wie aus zeitgenössischen Berichten zu entnehmen ist. Auch die Orgelmusik spielte damals in Fulda keine größere Rolle. (Mehr dazu in der Symbol: Externer LinkOrgelgeschichte Fuldas, welche im 17. Jahrhundert ihren eigentlichen Aufschwung erlebte.)

Fürstabt Adolph von Dalberg errichtete 1734 in Fulda eine Universität, bei deren Einweihung die Hofkapelle mit einer "feierlichen und klangvollen Musik" beteiligt war. Damals war Johann Baptist Pauli Konzertmeister in Fulda: auch er hat eine Reihe von Kompositionen geschaffen, z.B. 1728 eine Messe in D-Dur, die erhalten ist; auch als Komponist von "Schul-Comödien" íst er bekannt geworden, die in der Fuldaer Universität durch Studenten der Jesuitenschule aufgeführt wurden. Pauli war ein Freund Bachscher Musik. Er hat auch für Fulda Notenmaterial beschafft, denn in Fuldaer Inventar-Verzeichnissen taucht der Namen Bach einige Male auf.

Im Jahre 1724 wurde Aurelius Pistorius als Cembalist in Fulda eingestellt, 1735 als Konzertmeister. Sein Gehalt betrug anfangs 80 Gulden jährlich, dazu kamen Naturalleistungen wie Dienstkleidung, 4 Malter Korn und 3 Klafter Brennholz. Ab 1741 erhielt er 130 Gulden und Naturalien. (Damals war etwa ein Gulden für den Lebenunterhalt einer Familie pro Tag nötig, deshalb waren Naturalien lebenswichtig.) Aurelius Pistorius wird als tüchtiger Konzertmeister und "beliebter Componist" bezeichnet. Die Noten seiner Kantate "Sylvicolae Napeae" sind in der Landesbibliothek Fulda erhalten. (Diese Kantate wurde beim Stadtjubiläum 1994 in Fulda unter Leitung von Harald Kraus wieder aufgeführt und auf CD aufgenommen). Pistorius starb am 6. Juli 1780 in Fulda.

Für die Musik, die bei fürstlichen Staatsaktionen und Feierlichkeiten für den festlichen Glanz zu sorgen hatte, gab es am Fuldaer Hof auch eine berittene Bläsergruppe. Sie war zunächst mit vier Trompeten, zwei Hörnern und einer Pauke besetzt. Die Hofbläser erhielten jährlich je 45 Gulden, dazu Dienstkleidung und Naturalien, wie Korn und Brennholz. Das war natürlich nicht ausreichend. Um ihr Einkommen aufzubessern, spielten sie auch bei nichthöfischen Anlässen, so zogen sie z.B. an den Tagen nach Neujahr in Fulda und den umliegenden Dörfern von Haus zu Haus und erspielten sich dadurch ein Zubrot. Das wurde ihnen aber 1735 vom Fürstabt als Bettelei verboten.

Zwar hatte man in Fulda nicht die Mittel für ein eigenes Opern-Ensemble. Aber auch die Vokalmusik spielte eine große Rolle, denn in zahlreichen Belegen der Hofrechnung sind Ausgaben für Lieder und Arien aufgeführt, z.B. von Pergolesi, Gluck, Brixi, Hasse u.a. Für szenische Auftritte ließ 1731 der Fürstabt eine transportable Bühne erstellen und lud von Zeit zu Zeit auch wandernde italienische Bühnengruppen ein. Für Gesangs-Vorträge wirkten hier bis 1737 zwei Kastraten, also männliche Soprane und Alte, die mit je 80 Gulden Sold und Naturalien jährlich versorgt waren.

Aufschwung der Hofmusik unter Amand von Buseck

Von 1737 bis 1756 regierte in Fulda Amand von Buseck, zunächst als Fürstabt. Buseck erhöhte die Barbesoldung der Musiker von 45 auf 60 Gulden jährlich, auch die Naturalleistungen wurden erhöht. Die Besoldung des Konzertmeisters Pistorius wurde von 80 auf 130 Gulden aufgestockt. Auch erweiterte er die Kammerbesetzung nach 1746 um einige Spieler. Buseck schaffte dann das Kastraten-Unwesen ab und stellte normale Sängerinnen und Sänger ein. Es ist nicht bekannt, welche Sopranistinnen am Fuldaer Hof aufgetreten sind, oder in der Fuldaer Stadtpfarrkirche, wo der Fürstabt der Erzdekan war. Einen Hinweis darauf bietet eine Notiz auf einem Arienblatt, wo vermerkt ist "M. A. T. Zahn", also Maria Anna Thesesia Zahn - das war die Tochter des damaligen Hofmusikers und Stadtkantors Johann Balthasar Zahn.

Amand von Buseck hatte 1750 Johann Balthasar Zahn von Lohr nach Fulda geholt, der als Organist und Kantor der Stadtpfarrkirche tätig war und auch als Geiger bei der Musik am fürstlichen Hof mitzuwirken hatte. Zahn hat eine größere Sammlung von Musikalien hinterlassen, darunter Werke von Pergolesi, Galuppi, Hasse, Jommelli, Anton Filts u.a. Einige dieser Kompositionen sind erhalten, teils in der Landesbibliothek Fulda, teils anderswo: seine Arie "Alma Redemptoris Mater" liegt als Handschrift in der Universitäts-Bibliothek Frankfurt und sein "Concerto pastorello" in D-Dur in der Kongressbibliothek zu Washington.

Im Jahre 1752 wurde Fulda ein selbstständiges Bistum, und Amand von Buseck war der erste Fürstbischof. Diese Rangerhöhung erforderte auch musikalisch eine entsprechend großartigere Repräsentation im kirchlichen und weltlichen Bereich. Deshalb verpflichtete er 1753 den angesehenen Geiger Kaspar Staab aus Damm bei Aschaffenburg als zweiten Konzertmeister und Sologeiger. Buseck schickte ihn zur weiteren Ausbildung nach Mannheim. 1760 wurde Staab dann zum ersten Konzertmeister in Fulda ernannt. Er genoss hier großes Ansehen, bildete demnach in etwa eine Ausnahme, denn normalerweise galten Hofmusiker als Lakaien und wurde auch entsprechend behandelt und bezahlt.


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