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Der Gersfelder Stadtbrand 1814

Am 1. August 1814 brach in Gersfeld ein verheerender Brand aus. Darüber berichten die Akten (Staatsarchiv Marburg 112b/56) folgendes: "In wenigen Stunden sind 33 Wohnhäuser nebst 23 Scheunen und mehrere Nebengebäude ein Raub der Flammen geworden. Der Brand ist in der Scheune des Försters Kümmel ausgebrochen. (...) Als das Feuer ausgerbochen war, wurden sofort die Glocken geläutet, um Nachricht von diesem Unglück zu geben. Die Gersfelder Feuerspritze ward auf der Stelle herbeigeschafft, und obgleich diese bald nach ihrer Anwendung den Dienst versagte, bald wieder hergestellt, und nur zuletzt, wo alles schon niedergebrannt war, wurde solche (Feuerspritze) durch den vielen Gebrauch des unreinen Wassers ganz unbrauchbar. Wurden zur Beyschaffung des Wassers die Leute (mit Eimern oder sonstigen Gefäßen) in Reihen und Gliedern aufgestellt und von dem Amtmann Weikard und dem Scribenten (Ortsschreiber) Jüngert, welche beyde gleich nach Entstehungh des Brandes an Ort und Stelle waren, angeleitet, (...) es wurden auch, um die Verbreitung des Brandes zu hindern, an mehreren Stellen, wo man bey der großen Hitze beykommen konnte, Gebäude eingerissen." Als die Feuerspritzen von Weyhers und Bischofsheim zum Helfen ankamen, war es schon zu spät. Als Brandursache vermutete man, dass die Knechte des Försters Kümmel und Valtin Streck, die "kecke Tabakraucher" seien, in der Scheune geraucht hätten. Es wurde aber bestätigt, dass niemand die Beschuldigten "an diesem Tage Tabak rauchen gesehen" habe. Die Ursache des Brandes blieb also unklar und konnte auch in der Folgezeit nicht geklärt werden. Es waren 33 Familien obdachlos geworden und hatten all ihre Habe verloren. Als Gründe dafür, dass dieser Brand so verheerende Folgen hatte, wird Folgendes angegeben: Die Dachziegeln waren zur Abdichtung mit Strohfiedern unterlegt, die brennend vom Wind weitergetrieben worden waren, außerdem standen die Häuser und Scheunen eng beieinander und waren aus Holz gebaut, in denen auch noch große Holz- und Reisigvorräte lagen. - Die Akten berichten 1815 weiter: "Der größte Theil dieser abgebrannten Gebäude ist zwar der dahier bestehenden Brandversicherungs-Anstalt einverleibt, und es ist bereits die Verfügung erlassen worden, daß den Eigenthümern die erhobene Entschädigungssumme von 28.485 Gulden aus der Kasse vergütet werde." Diese Summe reichte aber für diesen großen Schaden bei Weitem nicht aus. Dazu kam, dass einige Hausbesitzer nicht versichert waren - Hausrat und Vorräte waren damals sowieso nicht im Versicherungsschutz einbegriffen. Die Not der Geschädigten war also groß, man wandte sich deshalb an die Behörde um Genehmigung einer Sammlung für die "Abgebrannten". Der König von Bayern erlaubte eine Sammlung in Unterfranken und im Main-Rezat-Kreis; diese Sammlung mussten aber die Bürgermeister dieser Kreise selbst durchführen und die Beträge der Regierung aushändigen. Es gingen insgesamt über 3000 Gulden ein, z.B. aus Kissingen 8 fl (Gulden) 64 kr (Kreuzer), aus Waldfenster 2 fl 19 kr, aus Premich 3 fl 11 kr, aus Aschach 3 fl 42 kr, aus Frauenroth 2 fl 24 kr, aus Platz und Geroda 4 fl 11 kr. Weitere Spenden liefen später noch ein. Die Gersfelder bedankten sich herzlich dafür, denn diese Spenden waren dringend nötig. Die Geschädigten stellten den Antrag, beim Neubau aus Kostengründen auch das Untergeschoss in Holz erbauen zu dürfen, anstatt wie vorgeschrieben aus Stein, was aber nur in jenen Fällen genehmigt wurde, wenn unter der Wohnung ein Viehstall aus Stein errichtet wurde. Die Namen der Geschädigten sind im "Gersfelder Rhönboten" Nr. 17/1988 veröffentlicht worden.

Das Patrimonialamt Gersfeld

Nachdem Ende des alten römisch-deutschen Reiches 1806 fielen die Herrschaftsgebiete Gersfeld und Tann an das neu gebildete Großherzogtum Würzburg. Als 1814 Würzburg, also auch Gersfeld, Schackau und Tann, an Bayern kamen, wurden wegen dieser "Besitznahme" in allen Orten des ehemaligen Großherzogtums Würzburg "abzuhaltende Kirchenfeierlichkeiten" angeordnet. Gersfeld stand aber auch weiterhin unter der "Herrschaft" der Frohberger, denn die bayerischen Adligen - somit auch die Frohberger in Gersfeld - wurden damals als "Staatsbeamte" mit der Verwaltung und der niederen Gerichtsbarkeit ihrer Güter beauftragt. So entstand 1806 das "Patrimonialamt Gersfeld", das 1820 zum "Herrschaftsgericht Gersfeld" erhoben wurde. Der damalige Amtmann der Gräfin in Gersfeld war Ignaz Weikard. (Über ihn findet sich Näheres in "Leben in der Rhön" S. 102-114.) Auch in Tann und Schackau wurden amtliche Patrimonialgerichte gebildet.- Das Herrschaftsgericht Gersfeld bestand bis 1843, als die Grafen von Frohberg gegen eine Entschädigung auf die Gerichtsbarkeit in ihrem Gebiet verzichteten und sie an den bayerischen Staat übertrugen. Sie waren nun nur noch private Gutsbesitzer. Graf Ludwig von Frohberg richtete deshalb für seine Besitzungen eine eigenes privates Rentamt in Gersfeld ein, das 1867 staatlicherseit anerkannt wurde (Staatsarchiv Marburg 180 Gerfeld Nr. 662).- Die Ereignisse von 1848 beseitigten in Bayern alle noch verbliebenen gutsherrlichen Gerichtsgebiete, so auch in Gersfeld, Tann und Schackau. Als ein Gesetz 1861 in Bayern die Verwaltung von der Justiz trennte, wurden für Verwaltung und für Justiz voneinander unabhängige Behörden geschaffen: In Gersfeld entstand für die Verwaltung der hohen Rhön ein Bezirksamt, zu dem die Orte die ehemaligen Amtsgebiete von Tann, Hilders und Weyhers gehörten. Neuer Bezirksamtmann in Gersfeld wurde 1861 Franz Joseph Traut. Zur Unterbringung des neuen Bezirksamtes in Gersfeld wurden "Lokalitäten" angekauft (Staatsarchiv Marburg 112d/151), und die Verwaltungs-Akten aus Hilders und Weyhers wurden nach Gersfeld gebracht (112d/515). - Als Justizbehörden bestanden damals in der hohen Rhön die Amtsgerichte Bischofsheim, Weyhers und Hilders; Gersfeld wurde justizmäßig dem Landgericht Bischofsheim zugeordnet. Die "Gendarmerie-Nebenstation" Gersfeld wurde 1862 in eine "Brigadestation" umgewandelt (112d/782).

Nach dem preußisch-österreichischen Krieg von 1866, in dem u.a. Bayern und Kurhessen mit Österreich gegen Preußen verbündet waren, annektierte das siegreiche Preußen dann Kurhessen und andere mit Österreich verbündete Staaten. Kurhessen wurde als Teil der neuen Provinz Hessen-Nassau dem preußischen Staat einverleibt. Das besiegte Bayern musste die Gebiete Gersfeld und Orb an Preußen abtreten. Nach ersten Plänen Bismarcks hätte Bayern nach dem verlorenen Krieg sogar 25 Bezirksämter an Preußen abtreten sollen: das wären große Gebiete der Pfalz gewesen, ferner Kulmbach, Kronach und Hof mit ihrem Umland, dann das Gebiet um Kitzingen, Hammelburg und Brückenau bis zur fuldischen Grenze, also fast ein Fünftel des damaligen Bayern mit 500.000 Einwohnern. Doch Bismarck schlug sehr bald eine wesentlich gemäßigtere Linie ein; anscheinend hatte er mit seinen maßlosen Forderungen nur Bayern für ein Bündnis mit Preußen gefügig machen wollen, was ihm dadurch auch gelang. Bei den Verhandlungen bestand er dann nur noch auf einer "Grenzregulierung". Es kamen 1866 also nur die Bezirksämter Gersfeld und Orb an Preußen, dazu musste allerdings von Bayern noch eine Kriegskosten-Entschädigung von 30 Millionen Gulden an Preußen gezahlt werden. - In Kassel wurde 1866 ein preußischer Administrator für Kurhessen eingesetzt, der nun auch für Gersfeld zuständig war. Seine Bekanntmachung vom 20.12.1866 (Staatsarchiv Marburg 165/33) ließ zwar die bisherigen Behörden bestehen, besetzte sie aber mit neuen Leuten und gab für sie u.a. folgende Anordnungen: "Nachdem Seine Majestät der König geruht haben, durch Allerhöchste Ordre vom 30.11.1866 mir die obere Leitung der Civilverwaltung in den ehemals bayerischen Gebietstheilen, dem Landgerichtsbezirke Orb und dem Bezirksamte Gersfeld, zu übertragen, so übernehme ich diese Verwaltung mit dem Tage, mit dem die Königlich Bayerische Regierung dieselbe abgibt. Die bisherigen domicilirten (bestehenden) Behörden bleiben vorläufig mit ihren bisherigen Befugnissen bestehen und erhalten die Bezeichnung Königlich Preußische Behörden. (...) Für die bisher zu den Rentämtern Brückenau und Bischofsheim gehörig gewesenen Gemeinden wird ein Rentamt zu Gersfeld errichtet. Die Instanz über dem Bezirksamt zu Gersfeld ist die Königliche Regierung zu Fulda, über dem Bezirksamt zu Orb die Königliche Regierung zu Hanau." Auch andere Polizei- und Verwaltungsgesetze und die hessische Gerichtsverfassung wurden nun im Bezirksamt Gersfeld eingeführt (Staatsarchiv Marburg 180 Gf. 433 und 444).

Erster preußischer Bezirksamtmann in Gersfeld wurde Georg Philipp Theodor Schilling (* 1824), der bisher Kreissekretär in Hünfeld war. Er fand sich am 28. Dezember 1866 in Gersfeld ein, da an diesem Tage die bestellten bayerischen und preußischen "Vollziehungs-Commissionen" anwesend waren. Schilling informierte sich dabei "über die Organisation der Büros und über alle Besonderheiten des Dienstes", so dass "alsbald nach dem Abtreten der seitherigen Beamten die Verwaltung des Bezirks ihren ununterbrochenen Fortgang findet". Auch über die übrigen Amtsstellen zog er Erkundigungen ein, so dass er die neuen preußischen Beamten einweisen konnte. Zwei der jetzt fungierenden Amtsschreiber wünschten "im Dienste zu verbleiben". Der Fuldaer Regierungsrat Althaus wirkte bei der Abwicklung in Gersfeld mit. Die Übergabe fand im Januar 1867 statt. Darüber berichtete Schilling am 15. Januar an die preußische Regierung in Fulda: "Ich verfehle nicht, Königlicher Regierung gehorsamst anzuzeigen, dass gestern Mittag um 12 Uhr die förmliche Übergabe des Bezirks Gersfeld an die Krone Preußens durch die beiderseitigen Herren Hoheitscommissarien stattgefunden hat und dass ich hiernächst die Verwaltung des Bezirksamtes in Gemäßheit des mir ertheilten Auftrages und nach vorheriger Einführung durch Herrn Regierungsrath Althaus übernommen habe." - Die Proklamation Kaiser Wilhelms vom 12.01.1867 an die "Einwohner vormaliger bayerischer Landesteile" begann mit folgenden Worten: "Durch das Patent, welches ich heute vollzogen habe, vereinige ich Euch, Einwohner bisheriger Bayerischer Lande, mit meinen Unterthanen, Euren Nachbarn und Deutschen Brüdern. (...) Eure kriegstüchtige Jugend wird sich ihren Brüdern in Meinen anderen Staaten zum Schutze des Vaterlandes treu anschließen; mit Freude wird die Preußische Armee die tapferen Bayern empfangen. (...) Das walte Gott!" - Am 13.07.1867 berichtete der Gersfelder Bezirksamtmann Schilling an die Regierung, "dass nunmehr die Wegweiser, Ortstafeln und andere öffentliche Zeichen mit den preußischen Landesfarben versehen sind" (Staatsarchiv Marburg 180 Gersfeld Nr. 426).

Das bisherige Bezirksamt Gersfeld wurde Ende 1867 als Kreis Gersfeld in das Königreich Preußen integriert. Zum Kreis Gersfeld gehörten die ehemaligen Herrschaften Gersfeld, Schackau und Tann, das ehemalige würzburgische Amt Hilders, der östliche Teil des ehemaligen fuldischern Amtes Bieberstein und das ehemalige fuldische Oberamt Weyhers. Erster Landrat wurde der bisherige Gersfelder Bezirksamtmann Schilling. Er starb 1871. Sein Nachfolger wurde Ferdinand August Ochs. Nach dessen Tod 1879 wurde Georg Keßler kommissarisch mit der Kreisleitung betraut, 1880 erhielt er die Ernennung zum Landrat. Ihm folgten Gustav Paul Theodor Krekeler von 1883 bis 1889, dann Ernst von Marcard bis 1900, Hans Freiherr von Dörnberg bis 1913, Philipp Nirnheim bis 1920 und Dr. Heinrich Wiechens bis 1932, in welchem Jahr der Kreis Gersfeld mit dem Kreis Fulda zusammengelegt wurde (Staatsarchiv Marburg 180 Gersfeld).

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©1999 Symbol: E-Mail LinkG. Rehm

Bemerkung:
Weitere Angaben über Gersfeld, z.B. das Gesundheitswesen und die Schulen in Gersfeld finden sich in den Symbol: Externer LinkBüchern von Gottfried Rehm: "Leben in der Rhön" und "Menschen in der Rhön"; Rhön-Verlag Hünfeld.

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