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2. Als Kind im 2. Weltkrieg

Das waren die letzten aus der russischen Gefangenschaft,  die zu
ihrer Familie nach Wollbach gekommen sind. (ca. 1954 Flüchtlingsfamilie Blum)

Die Rhön war kein großes Naziland.  In Kissingen haben sie immer gesagt, dass der Hitler nie nach Kissingen gekommen ist,  weil er Angst hatte,  er würde erschossen. ( Auf Bismark wurde ja auch in Kissingen ein Attentat verübt).

Zwei Begebenheiten aus der Zeit, die für mich typisch für die Rhöner sind

Grüßen, aber wie
Mein „Härrle“ (Großvater), so hat mir meine Mutter  erzählt, hat vor der Nazizeit nie zu jemandem ‚Grüß Gott’ gesagt, er ist auch nie in die Kirche gegangen. Dann, als man ‚Heil Hitler’ sagen musste,  hat er zu jedem ‚Grüß Gott’ gesagt.
An Neujahr sind wir Kinder immer  „Prost Neujoar“ sagen gegangen in der Nachbarschaft und haben 10 oder 50 Pfennig bekommen. Auch da sollten wir ‚Heil Hitler’ sagen. Bei unserem „Härrle“haben wir nur etwas bekommen,  wenn wir ‚Grüß Gott’ sagten.

Unser Fräle (Großmutter) hatte das Mutterkreuz. Als nun die Amis durch Wollbach gefahren sind, hat er  „es Fräle inen Oasch getraate un gesoat: Es geät wiier annerschrüm“. (hat er der Großmutter „nachdrücklich“ gesagt: Es geht wieder andersherum.“)  In die Kirche ist er trotzdem nicht gegangen und Grüß Gott hat er auch nicht mehr gesagt.

Als er dann aber alt war und die Leute gefragt haben: „Bu is denn äwer Härrle?“ (Wo ist denn euer Großvater?) höme gesoat: „Dar übernocht tunne di Kirch“, (haben wir gesagt: „Er übernachtet unten in der Kirche“) so oft ist er dort hingegangen.

„Gute“ Meinung
Es war Ende 44 oder Anfang  45. Wir waren mit unserer Mutter im Hof,  weil so viele Flugzeuge am Himmel waren. Da kam eine Frau „di Hööhl runner“ (Straßenbezeichnung) und hat so geweint. Unser Mutter hat gefragt: “Bos is denn bassiert?“ Sie meinte: „ Vronika, ich wor duwe di siewe Schmerz (kleine Kapelle) un hänn für unnern Führer gebatt. Bi dr Jesus duwe en Ölberg,  so iser vo allen verlassen.“ Sie war fast eine Heilige und hat immer gebetet, auch als es keinen Führer mehr gab. Sie war einfach ein guter Mensch.

Juden
Von Juden habe ich als Kind zuerst gehört, dass sie Jesus gekreuzigt haben. Im Krieg weiß ich von keinem Rhöndorf,  dass es Juden irgendwo gab.
Unsere Mutter hat uns erzählt, dass vor dem Krieg eine Familie Distelburger, das waren Viehhändler immer nach Wollbach kam. Das waren Vater und Sohn. Sie hat uns erzählt,  wie sie angezogen waren, Mäntel, Melone Hut und den Spazierstock oder Viehtreiberstock. Sie waren bei den Leuten beliebt und ich habe auch von anderen nie was Negatives über sie gehört.

Eines Tages ist der junge Distelburger allein gekommen und hat gesagt, dass er zum letzten mal da ist und sie weggehen, er hätte geweint dabei. Hinter der  „Oanzäche“  ist der Judenweg vorbeigegangen und die Leute haben erzählt,  der heißt so, weil die Juden hier immer ihr Vieh entlang getrieben haben und zum Handel unterwegs waren.

Gefangene
Kurz vor Ende des Krieges haben wir in unserem Volksempfänger gehört,  die Russen wären schon ganz in unserer Nähe. Den Volksempfänger hatten wir im Kleiderschrank versteckt. Wir haben immer in der „Poppesch Emma“ ihrer Scheune gespielt und eines Tages waren zwei russische Kriegsgefangene dort. Wir haben ihnen etwas zu essen und zu trinken gegeben. Sie hatten furchtbare Angst. Wir dachten,  wir tun ihnen etwas Gutes und haben ihnen erzählt,  wir hätten im Radio gehört,  dass die Russen schon ganz nahe wären.

Damit haben wir das ganze noch viel schlimmer gemacht. Sie kamen regelrecht in Panik: „Die Russen machen uns kaputt. Sie hängen uns auf oder schneiden  uns die Kehle durch.“ Am Abend haben wir noch einmal nach ihnen geschaut, aber da hatten sie schon das Weite gesucht. 

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