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Die Siebenschmerzanlage bei Wollbach

Von Alfred Saam

Siebenschmerzanlage bei Wollbach
Siebenschmerzanlage bei Wollbach

Am 11. Juli 1915 schrieb die Saalezeitung in ihrer 158. Ausgabe:

„Der feierliche ernste Vierklang unseres neuen Geläutes lud heute Nachmittag die Pfarrgemeinde zur Weihe und damit zur eigentlichen Vollendung und Krönung eines neuerlichen Werks, das der fromme Sinn der Gläubigen geschaffen. Die etwas außerhalb Wollbach gelegene Kapelle „Zu den sieben Schmerzen Marias“, welche vor Jahren von dem Gendarmerie Wachtmeister May gestiftet wurde, sich aber zuletzt in einem wenig erfreulichen Zustand befand, wurde in den letzten Monaten einer ebenso durchgreifenden wie künstlerisch empfundenen Renovierung unterzogen. Heute wird nun das kleine Heiligtum von dem jetzt kirchlich gestimmten Altar beherrscht von einer tief ergreifenden Gruppe der Pieta – der schmerzensreichen Mutter, welcher der göttliche Sohn nach seinem großen Leidens- und Erlösungswerk in den jungfräulichen Armen ruht.

Die Gruppe ist ein hervorragendes glückliches und tief religiös empfundenes Werk des weit über Frankens Grenzen hinaus rühmlichst bekannten Kunstbildhauers Heinz Schiestl in Würzburg. Nicht naturalistisch aufgefasst, sondern als himmlisch verklärte „Königin der Märtyrer“ und „Mutter der aller Bedrängten“ hat hier der Künstler die Jungfrau-Mutter dargestellt. Es war ein glücklicher Gedanke, dass gerade dieser Meister christlicher Kunst in des Wortes tiefster Bedeutung mit der Schaffung des Bildwerks beauftragt wurde. Die ornamentalen Malereien, mit welchem die Kapelle geschmückt wurde, sollen in erster Linie Rechnung tragen jenem schönen Zuge unseres gläubigen Volks, seine besonders geliebten Heiligtümer mit Blumen und Blumenschmuck und Kranzgewinden zu umgeben. Die Malereien sollen aber auch vor Missgriffen und störendem „Zu viel“ schützen. Die Malereien stammen, ebenso wie die Entwürfe zu der im Geiste des Ganzen geschnitzten Eingangstüre und des Antipendiums von der hand des Kunstmalers Bissinger vom Steinhof bei Kissingen. Bissinger, der bereits im vorigen Jahre durch seine Restaurierungsarbeiten in der Kirche zu Kleinbrach allseitige Anerkennung und Bewunderung seines Könnens fand, zeigte sich auch diesen neuen Aufgaben gegenüber als technisch gewandt und hat sich mit tiefem Verständnis für die kirchlich-religiösen Anforderungen gelöst. - So ist von heute, wie der Ortspfarrer bei seiner Ansprache betonte, die Kapelle köstliches Heiligtum geworden, eine Stätte des Gebets und des Trostes in dieser großen Leidenszeit.

Möchten recht viele dem Rufe folgen, der gleichsam aus dem leuchtenden Innern des Kirchleins herausklingt: Kommt hierher ihr Schmerzgebeugten und Wehbeladenen, hier quellen reine Wasser stärkenden, himmlischen Trostes, hier wirkt dem in Kampf- und Leidensnot ermatteten Herzen ein starkes, blühendes Hoffen auf Sieg und Vollendung.“

Pieta der schmerzensreichen Mutter
Pieta der schmerzensreichen Mutter

Die Gründung der Siebenschmerz Anlage geht auf das Jahr 1887 zurück. Die Initiative kam vom pensionierten Gendarm- Wachtmeister Johann Michael May der seinen Lebensabend in der Pfarrei Burkardroth verbringen wollte. Er war am 6.3.1822 in Wollbach 55 (Rhönstraße 37) geboren und verstarb am 6.8.1902 in Burkardroth 21 (obere Marktstraße 50). Er war das jüngste von vier Kindern, sein Vater Michael May kam aus Wollbach, seine Mutter Anna Theresia, geb. Möslein stammte aus Premich. Er selbst blieb unverheiratet.

Als der 65 jährige Pensionist einen geeigneten Platz für seine Stiftung suchte, kam ihm wahrscheinlich das Grundstück außerhalb Wollbach auf dem schon eine Kreuzigungsgruppe stand zugute. So fing er noch im Jahre 1887 mit Helfern mit dem Bau der Kapelle an. Laut mündlicher Überlieferung hat ihm dabei der italienische Maurer Luigi Facini der durch den Schulhausneubau nach Wollbach gekommen war geholfen. Dabei lernte Luigi Facini eine Susanne May, eine Verwandte von Johann Michael kennen die er dann heiratete.

Johann Michael May, pensionierter Gendarm; geb. 6.3.1822 Wollbach, Rhönstraße 37; gest. 6.8.1902 Burkardroth, obere Marktstr. 50
Johann Michael May, pensionierter Gendarm; geb. 6.3.1822 Wollbach, Rhönstraße 37; gest. 6.8.1902 Burkardroth, obere Marktstr. 50

Am 17. Oktober 1889 wurde zwischen Joh. Michael May und dem Bad Kissinger Bildhauer Adam Gehring, in Auszügen folgender Vertrag abgeschlossen:

  1. Bildhauer Gehring stellt an den sogenannten „3 Kreuzen“ bei Wollbach aus Kronunger Stein glatt gearbeitet auf, sieben an der Zahl an den bezeichneten Stellen. Dieselben enthalten als Relief die bildlichen Darstellungen der sieben Schmerzen Mariens, je für ein Häuschen eine, äußere Breite: 1 m 40 cm, Tiefe: 1 m 10, Höhe: 2 m 70, alles nach vorliegender Zeichnung. Stellt innen einen Altartisch nebst Kniebank in Länge der lichten Weite her. Die ganze Arbeit muss bis Pfingsten 1890 vollendet sein. Außerdem bietet er zweijährige Garantie der Art, dass er sämtliche aus Material und Arbeit sich während dieser Garantie ergebenden Schäden unentgeltlich leistet, respektiert repariert.
  2. Pens. Wachtmeister Johann Michael May zahlt für jede der 7 Kapellen nach dem Aufstellen 280 Mark und so, dass nach völlig fertig gestellter Arbeit alles bezahlt ist.

Burkardroth, den 17. Oktober 1889

Joh. Michael May, pens. Wachtmeister
Adam Gehring, Bildhauer

An der siebten Station ließ der Erbauer folgenden Text anbringen:

„Johann Michael May
pensionierter Gensdarmerie-Wachtmeister
hat aus Anhänglichkeit an seinen Geburtsort Wollbach
diese 7 Schmerzensstationen zum Heile seiner Seele
und zur Erbauung der Christgläubigen dahier
im Jahre 1890 errichten lassen.
In Allem Gott sei Ehr.

Doch man konnte auch zu dieser Zeit nicht einfach etwas erstellen oder bauen, so musste zu diesem Projekt die Einwilligung des kgl. Bezirksamts und der Diözese in Würzburg eingeholt werden. Das kgl. Bezirksamt sandte deshalb am 16. November 1889 an Pfarrer Blumenkamp vom kath. Pfarramt Burkardroth folgendes Schreiben:

„Gegen die Aufstellung von sieben bildlichen Darstellungen in der aufgeführten künstlerischen Ausstattung auf einem der Gemeinde Wollbach gehörenden freien Platz besteht vom bautechnischen Standpunkte aus keine Erinnerung. Die Genehmigung zur Aufstellung muss jedoch davon abhängig gemacht werden, dass primär der ungenannte Wohltäter oder die Gemeinde Wollbach die Verpflichtung übernehmen, die betreffenden Kapellchen oder Bildstöcke für alle Zukunft. Im Falle Ablebens des Wohltäters hätte in jedem Falle die Gemeinde einzutreten und in guten Stande zu erhalten.“

Das Bischöfliche Ordinariat schrieb am 6. Dezember 1889, dass unter der Voraussetzung staatlicher Genehmigung der Errichtung fraglicher Bildstöcke nichts entgegenstehe und erteilte zu diesem Zweck „die facultas benedicendi.“
(Genehmigung zur Segnung der Anlage).

Vom 1. Mai 1897 bis 1. August 1902 hatte der pens. Wachtmeister Johann Michael May den in der Kapelle befindlichen Opferstock entleert und entgegen den bestehenden Bestimmungen in Selbstverwaltung genommen. Als er am 6. August 1902, 3 Tage nach einem Schlaganfall verstarb, verwaltete die Kirchenverwaltung Burkardroth diesen Opferstock. Zu dieser Zeit wurde festgestellt, dass von der verhältnismäßig armen Rhönbevölkerung Markstücke, Dreimarkstücke und selbst Zehnmarkstücke geopfert wurden.

Nach dem Tode vom pens. Wachtmeister Johann Michael May wurde anscheinend die Siebenschmerzanlage in der Pflege vernachlässigt. Wie die Zeitung schrieb war sie in einem wenig erfreulichen Zustand. Das änderte sich jedoch im Jahre 1915 als die Kirchenverwaltung mit Pfarrer Ludwig Kolb eine grundlegende Renovierung veranlasste.

Mitte des Jahres 1915 wurde mit der umfassenden Renovierung und Neuanschaffung begonnen. Dazu erklärten sich die acht Erben des verstorbenen Joh. Michael May namens: Johann Bott, Anna Zirk, Susanna Facini, Michael May, Burkard May, Michael Schlereth, Eva Schmitt und Katharina Kirchner bereit, 1 000 Mark aus dessen Hinterlassenschaft beizusteuern.

Am 30. April 1915 wurde vom Bischöflichen Ordinariat die Genehmigung erteilt, einmal im Jahr während der Schulferien in der Kapelle zu zelebrieren. Bei den Arbeiten wurde auch der Altar in der Kapelle vergrößert. Im Altar wurde ein Altarstein mit einer Reliquie eingefügt, damit Hl. Messen gelesen werden durften.

Die Maurerarbeiten von Ambros Schmitt beliefen sich auf 26.- Mark,
die Schlosserarbeiten von Caspar Albert 30.- Mark
Für Schreinerarbeiten, Türe aus Eichenholz, Altartisch,
Schnitzen der Verzierungen, von Franz Albert 112.- Mark
Die Tüncherarbeiten von Michael Manger beliefen sich auf 237.- Mark
Für die Malerarbeiten inkl. Farben für den Kunstmaler
Jakob Bissinger aus Bad Kissingen 320.- Mark
Für Altartücher von den Zahlbacher Schwestern 33.- Mark
Für einen Altarstein (portefile) vom Ordinariat 10.- Mark
Im Juni 1915 wurde vom Bildhauer Heinz Schiestl
aus Würzburg auch die Pieta für die Kapelle erworben,
der Preis betrug. 507.- Mark

Die Segnung der renovierten Siebenschmerzanlage erfolgte am Sonntag den 11. Juli. Am Montag den 12. Juli 1915 früh um ¾ 6 wurde in der Kapelle zum ersten Mal zelebriert.

Ab dieser Zeit wurde jährlich abwechselnd mit dem Zahlbacher Kreuz am 15. August, an Maria Himmelfahrt, eine Wallfahrt zur Siebenschmerzkapelle durchgeführt. Nachweislich fand sie noch 1919 statt, dann wurde im 1920 die Wallfahrt zum Wallfahrtsort Maria Ehrenberg eingeführt.

Die Unterhaltung der Siebenschmerzanlage blieb noch bis zum Jahre 1960 in den Händen der Kirchenverwaltung Burkardroth mit Pfarrer Karl Fischer. Am 13. Dezember 1960 beschloss dann der Gemeinderat Wollbach mit Bürgermeister Franz Grom und den acht Mitgliedern: Heinrich Kessler, Otto Rottenberger, Anton Gärtner, Friedrich Rottenberger, Andreas Markard, Andreas Voll, Josef Schreiner, und Ludwig Geis, die Unterhaltung der Siebenschmerz Kapelle ab dem 1.1.1961 zu übernehmen und ab dieser Zeit auch den Opferstock zu leeren. In dieser Zeit um 1968 wurde die Kapelle wieder einmal grundlegend renoviert, wobei sich die Wollbacher Bürger, die örtlichen Vereine und die örtlichen Firmen besonders hervortaten. Als der TSV Wollbach im Jahre 1982 vom Ortsende Wollbach zur seiner Sportanlage Stromkabel verlegen ließ, bekam die kleine Kapelle sogar einen Stromanschluss.

Seit der Gebietsreform ist nun der Markt Burkardroth Besitzer der Siebenschmerzanlage. Nach einem Gemeinderatsbeschluss, ist der jeweilige Ortsreferent dafür zuständig und berechtigt, den Opferstock zu leeren.

Ende 1987 war die Pieta und die barocken Bronzeleuchter aus der Kapelle gestohlen worden. Nachdem sie bei einem Pfarrer in Rotenburg in Hessen wieder abgegeben wurde, wurde sie nach gründlicher Renovierung und gesichert wieder aufgestellt. Schwere Eisengitter sichern nun die kleine Kapelle zukünftig vor so einer abscheulichen Tat. Jeden Tag wird von einer Person aus Wollbach früh die Kapelle auf- und am Abend wieder abgeschlossen.

Die kleine Kapelle mit den Siebenschmerzenstationen und der Kreuzigungsgruppe werden in Wollbach hoch in Ehren gehalten. Hier werden Maiandachten und Hl. Messen bei örtlichen Festen gehalten. Die großen Wallfahrten aus Würzburg und Karlstadt und auch die kleineren der Umgebung machen Halt für ein kurzes Gebet. Auch für viele Menschen der Pfarrei Burkardroth und auch der Umgebung, ist die Siebenschmerzkapelle noch Anlaufpunkt um für ihre Sorgen und Nöten zu beten.

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